Geschichten sind dazu da, um erzählt zu werden, nicht wahr? Und da meine letzter Ausflug in die Vergangenheit scheinbar recht gut angekommen ist und weil ich es versprochen habe, folgt nun Teil 2: Meine Jugend und das Realisieren, dass ich trans bin.
Fangen wir da an, wo ich letztes Mal aufgehört habe: Einige Jahre nach meiner Grundschulzeit, es dürfte in etwa in der sechsten oder siebten Klasse angefangen haben. Ich begann Frauenkleidung als sehr anziehend zu empfinden. Nicht in einem sexuellen Sinne, sondern in dem Sinne, dass ich die Kleidung selbst tragen wollte. Aus den Fantasien, die ich hatte, machte ich immer häufiger, wenn ich allein zu Hause war, Realität.
Natürlich blieb ich nicht ewig unentdeckt. Ich hatte mir irgendwann einige Kleidungsstücke und auch Schuhe meiner Mutter, von der ich zu der Zeit noch regelmäßig ohne ihr Wissen Kleidung borgte, in mein eigenes Zimmer geholt und versteckt, jedoch nicht gut genug. Nach einer langen Diskussion mit meiner Mutter gestand ich ihr irgendwann, dass mich die Kleidung auf eine unbekannte Art und Weise faszinierte und ich sie hin und wieder gern tragen mochte, und wir einigten uns darauf, dass ich einige Teile behalten durfte.
Doch immer wurde ich von Schuldbewusstsein heimgesucht. Sätze wie “Das gehört sich nicht, du bist doch ein Mann!” spuckten mir ständig im Kopf rum, ich behinderte mich selbst in meiner freien Entfaltung. Immer wieder legte ich die Sachen wieder aus der Hand und sagte mir: “Nie mehr”, immer wieder nahm ich sie anschließend doch wieder in die Hand. Ich kann mich nicht erinnern, in der Zeit jemals länger als ein paar Wochen ohne Crossdressing ausgekommen zu sein, auch wenn mir der Begriff damals noch nichts gesagt hätte.
Das änderte sich dann etwa im Jahre 2007. Ich stolperte im Internet über einige Seiten von Leuten, die ähnlich fühlten wie ich, womit ich damals nie gerechnet hätte. Ich hab mich für ziemlich einsam gehalten. Unter anderem landete ich auch auf dem CrossDressing Guide, durch dem ich dann endlich glaubte zu wissen, was ich war: Ein Crossdresser. Diesen Begriff habe ich bis vor etwa einem Jahr noch für mich verwendet, aber darauf komme ich später zu sprechen.
Endlich mit einem Begriff für mich selbst und dem Wissen, dass ich nicht so einsam bin, wie ich dachte, ausgestattet, begann langsam und zaghaft etwas Selbstbewusstsein zu sprießen. Ich konnte endlich mein Schamgefühl mir selbst gegenüber ablegen und weihte einige Zeit später, wahrscheinlich immer noch im Jahre 2007, es könnte auch 2008 gewesen sein, eine gute Freundin und kurz darauf eine weitere, gemeinsame gute Freundin in mein Geheimnis ein.
Die beiden konnten recht wenig damit anfangen, es stellte für die beiden jedoch kein Problem da. Die eine Freundschaft zerbröckelte aus unterschiedlichen Gründen, die nichts mit meiner Transidentität zu tun haben, die andere hielt jedoch weiterhin. Da diese Freundin mir sehr wichtig ist, nennen wir sie meine Sandkastenfreundin, da ich sie tatsächlich fast so lange kenne, wie ich lebe und noch heute gut mit ihr befreundet bin.
Von meiner Sandkastenfreundin, die im Drogeriemarkt arbeitet, sollte ich später noch viel mehr gut haben: Nicht nur versorgte sie mich auch mit viel Schminke, denn sie saß ja an der Quelle, nein, ihre Devise lautete immer, ich solle mich wohlfühlen, wie ich aussehe sei doch egal, denn Innen bin ich immer der oder eben die selbe. Dieser Satz und ihr Umgang mit mir, der bewies, dass sie ihn ernst meint, waren rückblickend wohl einer der Gründe, warum ich es geschafft habe, mich später mehr Leuten zu öffnen und mich weiter zu entwickeln.
Ich denke, an dieser Stelle werde ich die Geschichtsstunde vorerst wieder abbrechen. Zwei Kapitel stehen noch offen: Die weiteren Outings und meine erste Freundin, die von der zweiten Frau in der Beziehung wusste (ja, das war ein Punkt 😉 ), sowie die jüngere Geschichte, welche der interessierte Leser aber auch zu großen Teilen schon hier im Blog findet. Dennoch denke ich, dass auch besagter letzter Punkt, die jüngsten Entwicklungen, nochmal interessant werden kann, denn ich bin mir sehr sicher, dass ich einige Dinge berichten werden, die noch nicht ihren Weg auf diesen Blog gefunden haben und vor allem habe ich mich in den letzten Monaten so rasant entwickelt, dass ich mittlerweile möglicherweise einen anderen Blickwinkel auf viele dieser Episoden habe. Ich hoffe, ihr freut euch auf den Rest genauso, wie ich es tue 😉
Alina