Was haben der jüngste Zuwachs der englischen Königsfamilie und Geschlechterrollen gemeinsam? Das Bild hier.
Für diejenigen, die den Link nicht anklicken wollen sei kurz zusammengefasst: Dort sieht man einige Dutzend Tweets, also Kurznachrichten, welche auf Twitter veröffentlicht wurden, die sich darüber aufregen, dass jenes genanntes Kind ein “Junge” genannt wird – schließlich sei es doch noch etwas früh, das Gender des Kindes zu bestimmen.
Nun muss man wissen, Gender lässt sich zwar mit “Geschlecht” übersetzten, meint dabei aber das Zugehörigkeitsgefühl, das psychologische Geschlecht, wenn man so will. Es gibt dann noch den Begriff Sex, der im englisch neben der wohl am häufigsten ausgetragenen Sportart, die dabei zumeist auch noch im bequemen Bett stattfindet, auch das Geschlecht – in diesem Fall jedoch das anatomische Geschlecht.
Und genau darum geht es jenen Twitterern – sie sagen, ein Junge ist eine Person, dessen Gender männlich ist, unabhängig vom Sex. Und auch wenn ich dem zustimme, so habe ich trotzdem ein Problem mit diesen Tweets.
Das Problem, dass ich habe, ist, dass die Gesellschaft nicht dafür bereit ist, Kindern kein Gender zuzuweisen. Ja, daran könnte man mal was ändern, aber das wäre ein weiter Weg und ich glaube nicht, dass ich Zeit meines Lebens erleben werde, dass Kleinkinder nur als Kleinkinder und nicht als Jungen oder Mädchen gesehen werden. In der heutigen Welt braucht ein Kind ein Gender, denn es wird erwartet. Der Name richtet sich nach dem Gender.
Ist das denn wirklich ein Problem, dass ein Gender nötig ist? Ich bin mir dessen nicht sicher. Einerseits wird vermutet, dass Transsexualität nur bei maximal 0,2% der Menschen auftritt – dadurch, dass viele aber nicht drüber reden, kann man nur schätzen; geoutet haben sich weit weniger. Selbst wenn man andere Menschen, die sich in ihrer durch das anatomische Geschlecht bestimmte Geschlechterrolle nicht wohl fühlen, hinzurechnet, wird die Zahl ziemlich sicher bei weniger als 5% bleiben, vermutlich wird sie selbst die 2% nicht knacken. Andersrum formuliert kann man also mit vermutlich 95-98%-iger Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass das Royal Baby sich als Junge wohl fühlen wird.
Aber! Aus der einmal zugewiesenen Geschlechterrolle auszubrechen, ist nicht leicht. Obwohl ich in meinem Bekanntenkreis wohl den einfachsten “transsexuellen Weg” hatte, keine Zurückweisungen erlebt habe und auch sonst alles glatt lief, war es nicht einfach, den Schritt zu gehen, überhaupt zuzugeben, dass ich transsexuell bin – obwohl ich sicher wahr, ich würde Rückhalt haben. Hier erwarte ich durchaus, dass ich noch erleben werde, dass die Gesellschaft offener für Transsexualität ist und Outings dadurch einfacher werden, aber aktuell ist das nicht leicht. Das ist schon eine Sache, weshalb ich mir denke, die reinen Prozentzahlen, die reine Chance, wie wahrscheinlich es ist, dass ein Kind transsexuell ist, sollte nicht das einzige ausschlaggebende Kriterium sein.
Wie ich es machen würde? Das Gender des Kinder als “passend” zum Sex annehmen – wenn das Kind einen Penis hat, ist es ein Junge, wenn nicht, dann ein Mädchen. Aber ich würde auf Anzeichen achten, würde versuchen, es vorurteilsfrei zu erziehen und es ausprobieren lassen, wie sein Gender wirklich ist. Und wenn es Anzeichen gibt, dass Sex und Gender doch nicht zusammenpassen, dann würde ich mit ihm reden und es drüber aufklären, dass es eben auch Mädchen mit Penissen und Jungen mit Vaginas und Brüsten gibt.
Kurzum: Ich denke, hier wurde auf Twitter viel Wind um nichts gemacht. Ich halte die Einstellung, dass das Kind doch bitte sein Gender selbst herauszufinden hat, zwar löblich, aber die verlangte Umsetzung ist einfach nicht machbar.
Gerade bei dieser Thematik interessiert mich aber: Wie seht ihr das? Was habt ihr noch für Argumente? Ich würde mich sehr über ein paar Kommentare freuen! 🙂
Alina
P.S.: Vielen Dank an RubinrotXx für’s aufmerksam machen aufs Bild 🙂