Ich werde in letzter Zeit oft gefragt, wie ich denn nun genannt werden will: Ob bei meinem männlichen Namen oder eben Alina. (Auch wenn das hier jetzt gerade nicht reinpasst: EICHHÖRNCHEN!!! Direkt vor meinem Fenster! Voll niedlich! xD) Ich hab mal versucht, eine Faustregel dafür aufzustellen: Wenn man mich nicht sieht, man also z.B. mit mir chattet, hat man eigentlich freie Wahl zwischen Nickname, männlichen Namen und Alina, wobei letzterer etwas ungewohnt ist. Wenn man mich sieht, dann bevorzuge ich den Namen, der zu dem Geschlecht passt, dass ich gerade darstelle; bin ich also als Frau unterwegs, möchte ich Alina genannt werden, bin ich als Mann unterwegs, dann nicht. Mein Nickname darf in beiden Situationen verwendet werden, da er geschlechtsneutral ist, auch wenn ich ihn vor Fremden teils als etwas unangenehm empfinde. Ich bin ihn eigentlich nur von Forentreffen gewöhnt, im Alltag mit ihm Angesprochen zu werden ist (noch?) etwas seltsam. Falsch ist der Nickname aber nie. (Die Gewandete macht sich diesen Vorteil übrigens zu nutze und nennt mich fast nur beim Nickname, was eine ziemlich bequeme und für uns beide akzeptable Lösung ist 😉 ) Gut, für eine Faustregel ist das vielleicht etwas viel Text, daher nochmal zusammengefasst: – Wenn man mich nicht sieht ist es egal, welcher Name benutzt wird – Wenn man mich sieht, sollte der Name passend zum Geschlecht oder mein Nickname gewählt werden – Den Nickname möglichst wenig im Reallife verwenden, ich bevorzuge dann echte Namen Nachtrag: Ich habe soeben eine neue Seite in diesem Blog erstellt, die den Titel “Begriffe” trägt und erklärt, wie ich solche Begriffe wie zum Beispiel “Transidentität” definiere. Ich denke ein Blick auf die Seite kann sich lohnen, da ich wahrscheinlich einige Begriffe etwas anders definiere, als es die meisten anderen täten.
Archiv für das Jahr: 2011
Tag vier in der neuen Heimat
Nun ist also schon der vierte Tag in meiner neuen Heimat angebrochen. Was ich bisher sagen kann: Es ist wunderbar hier 🙂 Zwar habe ich mit meinen Nachbarn hier auf dem Flur im Wohnheim noch fast nichts zu tun gehabt, aber alle anderen Menschen, die ich getroffen habe, sind einfach nur toll. Von den drei Nächten, die ich hier verbracht habe, war ich an zweien feiern, beide Male als Alina. Es ist einfach wunderbar, wie leicht mir das hier fällt. Vorgestern Nacht bin ich auf dem Weg zur S-Bahn von zwei Mädels nach dem Weg gefragt worden, entweder war mein Passing so gut, dass sie mich nicht als biologischen Mann gesehen haben, oder es war den beiden egal, dass ich trans bin. Eigentlich auch egal, denn ich wurde so angenommen, wie ich bin, und dass von Fremden, nicht nur von meinen Freunden. Ein schönes Gefühl 🙂 Am Abend von Tag 1 hier im Süden war ich mit einer guten Freundin (nicht der aus Post 2, sondern einer anderen… nennen wir sie… öhm… Piks!), ihrem Freund und einem guten Freund, der auch auf meinem Geburtstag war (und noch keinen Namen hatte… ab sofort heißt er der Bärtige), in deiner Metal-Bar und traf dort noch eine Bekannte, die ich seit Wacken ’10 nicht mehr gesehen habe. Der Bärtige schien er schon erzählt zu haben, dass ich als Alina auftauchen würde, ihre Reaktion war jedenfalls nur ein “Ungewohnt, aber steht dir!”, worüber ich mich sehr freute. Sie war sehr daran interessiert, wie ich bemerkt habe, dass ich transident bin, was ich natürlich gern berichtete. (Jop, ich hab da großen Gesprächsbedarf und erzähl nur zu gern davon. Sonst wäre das wohl auch nicht Hauptthema in diesem Blog 😉 ) Der Abend endete verhältnismäßig früh, da Piks und ihr Freund noch die letzte S-Bahn, die bis zu ihrer Station führte, erwischen wollten. Da ich in die selbe Richtung musste und noch keine Ahnung vom hiesigen S-Bahn-System habe, schloss ich mich den beiden sicherheitshalber an. Um 2:00 war der Tag dann für mich vorbei und ich lag glücklich im Bett. Am nächsten Abend ging es dann mit Piks in eine Gothic-Disco. Auf dem Weg dahin traff ich dann die beiden Mädels, die ich bereits erwähnte. Leider war außer uns niemand da, den wir kannten, aber es war ein toller Abend. Es war für mich erst das zweite Mal, dass ich als Alina getanzt habe (das erste Mal war auf dem M’era Luna), so dass ich anfangs noch sehr unsicher war, aber das gab sich nach einer Hand voll Liedern. Irgendwie war es dann plötzlich halb vier, und Piks meinte, wir sollten Mal nachsehen, wann die nächste Bahn in unsere Richtung fuhr. Sie sollte um kurz nach Vier fahren, so dass wir uns nach einer Cola auf dem Weg zur Haltestelle machten. Was ich am Anfang des Abends schon befürchtet hatte, bewahrheitete sich dann: Ich habe mir in den ungewohnten Schuhen natürlich Blasen gelaufen, bis ich gegen Fünf Uhr endlich im Bett lag 😉 Gestern war dann etwas Erholung angesagt, ein ruhiger Abend, den ich im Skype mit meinem allerliebsten Lieblingsschatz verbracht habe. Leider liegen zwischen meiner Freundin und mir ja immer noch ca. 3-4 Stunden Bahnfahrt, sodass wir uns nicht täglich sehen können. Aber hey! Zumindest werden wir uns voraussichtlich alle zwei Wochenenden treffen, dass ich weit mehr als der bisherige 2-bis-3-Monats-Rhythmus. <3 Mal schauen, was der heutige Tag bringt. Eigentlich wollten die Gewandete, die witzigerweise auch gerade hier in der Stadt ist, der Schwertbesitzer und ich uns heute Abend treffen, die Alternative wäre ein Brettspieleabend. Vielleicht wird das auch kombiniert. Ich weiß es jedenfalls noch nicht und bin so gespannt, wie wahrscheinlich viele meiner lieben Leser auch 😉
Aufbruchsmelancholie
Nun ist es also soweit. Morgen werde ich dieses Haus, welches ich schon so einige Jahre mein Zu Hause nannte, verlassen und es und diese gesamte Region so bald nicht wieder sehen. Morgen ziehe ich aus, übermorgen in ein Wohnheim ein.
Eigentlich sollte ich jetzt gerade packen, aber ich mag gerade nicht. Gerade überkommt mich ein Gefühl von “Ich will hier nicht weg, meine Freunde, meine Bekannten, meine Familie, mein bisheriges Leben nicht zurück lassen.”
Ich weiß, dass es eigentlich nicht so schlimm ist, wie es sich gerade anfühlt. Aber leider kommunizieren Herz und Kopf da gerade nicht miteinander. Ich weiß, dass die Fremde, die mein baldiger Wohnort noch immer ist, eine riesige Chance bietet, aber trotzdem fühlt es sich falsch an. Naja, so geht es wohl jedem, der zum erste Mal wirklich umzieht. Die Herbergs-Dienstwohnung, die ich eine Weile bezogen hab, lag ja nur im Nachbarort. Wird sich sicher legen.
Und hoffentlich legt sich auch bald, dass ich seit gestern ziemlich missverständlich formulieren. Eine E-Mail an meine Freunde sollte nicht unbedingt den ziemlich leicht misszuverstehenden Titel “Ein Abschied” tragen und jemandem, den ich bitte, online zu kommen, da ich einen Rat brauche, sollte ich schreiben, dass mir nicht gerade etwas schreckliches zugestoßen ist, sondern es um Klamotten geht xD
Naja, wird schon alles werden. Ich versuch einfach so zu tun, als ob ich optimistisch wäre, vielleicht glaubt mein Herz mir das dann und hört auf, so schwarz zu malen 😉
Geburtstag mal anders
Da war es doch glatt wieder so weit: Ich hatte Geburtstag. Und den hab ich zum wahrscheinlich letzten Mal hier im Norden Deutschlands ausgiebig gefeiert. Tatsächlich sogar, wie im letzten Blogpost angedeutet, als Alina. Es war eine klasse Feier, zumal einige gute Freunde ein paar Tage länger blieben als nur zur Feier. Aber eines nach dem anderen. Stattfinden sollte die Party am Freitagabend, 6 Leute, die aus allen Ecken Deutschlands und sogar der Schweiz kamen durften übers Wochenende bleiben. Nachdem ich Freitag (Vor-)Mittag unseren Partyraum zurecht gemacht habe, kam nachmittags meine gute Freundin aus Blogpost #2 (die, die mit in Hamburg war), um mich zu schminken und mir die Haare zu machen. Nicht, dass ich nicht auch mittlerweile einiges selbst kann, aber sie hat mir geschätzte 10 Jahre Erfahrung voraus. Dass sie dann einfach besser ist, schäme ich mich nicht zuzugeben. Gegen 18:00, als wir gerade noch an meinen Haaren saßen, kamen dann das erste Auto mit 5 der 6 weitgereisten Gäste an, unter anderem war auch die Gewandete vom M’era Luna dabei. Meine Mutter ließ die Fünf dann erst mal rein und ins Wohnzimmer, bis meine gute Freundin und ich soweit waren. Sie ging anschließend erst mal nach Hause, um sie selbst fertig zu machen, ich trat meinen Gästen unter die Augen, von denen vier Alina ja noch nie live gesehen hatten – wie auch viele andere Gäste, die später kamen. Eigentlich sollte die Feier erst um 20:00 beginnen, daher hatten wir noch nicht gegessen, aber auch die Fünf hatten nach der langen Reise ordentlich Hunger. Nach dem Essen kamen dann auch bald die übrigen Gäste, weshalb wir uns nach draußen begaben (unser Partyraum ist ein Raum direkt neben unser Garage und nur von draußen zu erreichen). Schnell durfte ich merken, dass der Partyraum diesmal kaum genutzt wurde, denn da ein angenehm warmer Tag war, standen wir die meiste Zeit draußen. Die Stimmung war super und es war für mich herrlich angenehm, dass es keinen meiner Gäste störte, dass ich als Alina gefeiert habe. Mir ist zu Ohren gekommen, dass einige Gäste es für meine bisher beste Geburtstagsfeier befunden haben, auch wenn das Wahrscheinlich weniger mit Alina als viel mehr mit der allgemein sehr guten Stimmung zusammenhängt 😉 Am nächsten Tag, den ich wieder als Mann verbrachte, war dann nach dem Frühstück aufräumen angesagt, nur gab es fast nichts aufzuräumen: Tische und Bänke wollten wir erst mal im Partyraum stehen lassen, da ja noch Gäste blieben und wir einen Raum brauchten. Also haben wir vor Allem erst mal den Müll zusammen gesammelt. Anschließend ging es ins Dorf, Eis essen, um auf dem Rückweg die Schaukampfschwerter aus dem Auto zu holen, die einer der Gäste mitgebracht hatte. Ich hab schon Anfang August etwas Training damit Genießen dürfen, von daher freute ich mich schon, wieder ein wenig üben zu können. Ich hoffe, dass ich an meinem Studienort dann regelmäßig trainieren kann, schließlich studiert der Besitzer der zwei der drei Schwerter in der selben Stadt wie ich es werde. Abends war dann DVD-Abend, leider ohne einen guten Freund aus dem Ruhrpott, den ich eh schon zu selten sehe. Er war leider noch von anderen Leuten eingeladen, vorbei zu schauen, wenn er schon so weit im Norden ist. Wir schauten uns Rocky Horror Picture Show an, da einige meiner Gäste ein paar Tage vor meiner Feier in dem Musical dazu waren und fanden, ich müsse den Film gesehen haben. Tatsächlich bereue ich nicht ihn mir angeschaut zu haben, er ist ein guter Film. Einziges Manko: Einer der Hauptcharaktere bezeichnet sich selbst als Transvestit, jedoch kann ich mich rein gar nicht mit ihm identifizieren, da er eine Drag Queen ist. Nichts gegen Drag Queens, aber ich persönlich kann mit solchen Personen, zumindest wenn die so viele Klischees bedienen, wenig anfangen. Ich war von dem Charakter etwas genervt. Eigentlich schade, denn ein paar meiner Gäste wollen zwei Songs aus dem Musical im Winter aufführen und hatten gehofft, mich für “Sweet Transvestite” zu gewinnen. Es würde mich schon reizen, mal als Transvestit auf der Bühne zu stehen, quasi allen zu zeigen, was ich bin, ohne dass sie es wissen, aber in dieser speziellen Rolle würde ich mich nicht wohl fühlen. Den Sonntag dann verbrachten wir mit Datenrettung und UltraStar, einer Karaoke-Software, bis die meisten meiner Freunde ins Bett mussten. Am Montag morgen um 3 wollten sie ihre Heimreise antreten. Einzig die Gewandete und der Schwertbesitzer wollten durch machen und im Auto schlafen, ich entschied mich, auch wach zu bleiben, um mich morgens von allen verabschieden zu können. Wir redeten über Gott und die Welt, bis es dann Zeit wurde, zusammen zu packen. Nachdem meine letzten Gäste Montag morgen um halb vier dann also abreisten, fiel ich tot müde, aber verdammt glücklich über das wunderbare Wochenende, ins Bett. Den Rest aufräumen tat ich erst einige Stunden später 😉
Outing mal anders
Vorgestern war ich mit einem befreundeten Pärchen auf dem Weg zu einer Goth-Night. Ich hatte schon länger vor, mich vor den beiden zu outen, war aber noch nicht sicher, wie. Tatsächlich lief es dann völlig anders, als ich es mir ausgemalt hatte.
Mein Kumpel sprach mich im Auto an, wie es mir denn so ginge, ich war wohl etwas schweigsam geworden. Ich antwortete darauf wahrheitsgemäß, dass ich derzeit eine Identitätskrise durchleben, von der ich weiß, dass einige Therapeuten sie als die schlimmstmögliche Krise ansehen. Er darauf hin: “Ob Männlein oder Weiblein?” Ich war baff. Als ich das bejahte, musste er erst nochmal nachfragen, ob ich das ernst meinte, was ich natürlich tat. Er hatte einfach nur geraten, hatte überlegt, was wohl die schlimmste Identitätskrise sein kann. Vermutet hatte er vorher nichts.
Das Ende der Geschichte ist, dass die beiden am nächsten Tag Bilder von mir sehen wollten, die zufällig auf dem USB-Stick waren, mit dem ich jemanden anders nachmittags etwas gebracht hatte. Die beiden haben mich in meiner Meinung unterstützt, an meinem Studienort offen(er) mit meiner Transidentität umzugehen und auch sonst gehen sie locker damit um.
Es verbleiben 3 Leute, denen ich noch von Alina berichten möchte, dann könnte ich meinen Geburtstag als Alina feiern… Man darf gespannt sein.
Das generische Maskulinum
(Auch wenn es schon in der Hinweisbox steht: Dieser Artikel entspricht bei weitem nicht mehr meinen aktuellen Ansichten zum Thema! Dazu: Mein Text über gendergerechte Sprache.)
In letzter Zeit bin ich mehrfach auf die sogenannte Gender Gap aufmerksam gemacht worden. Die Gender Gap ist so zu sagen die Erweiterung vom Binnen-I (SchülerInnen, LehrerInnen), bei der ein _ vor das I gesetzt wird. Gesprochen wird an der Stelle dann eine Pause (geschrieben als Schüler_innen oder Schüler_Innen, gesprochen “Schüler… Innen”.
Wozu das ganze? Nun, das Binnen-I wurde im Zuge der Emanzipation der Frau eingeführt, da die sich sonst benachteiligt gefühlt haben. Jetzt kommen da ein paar Vögel der Queer Theorie, die sich für die Rechte von Trans*, Intersexuellen und allen anderen, die sich nicht als Mann oder Frau sehen einsetzen, und behaupten, dass Binnen-I sei diskriminierend, da es nur Mann und Frau beinhaltet. Warum dann die Gender Gap?
Damit sich die, die nicht Mann oder Frau sind, mit einer PAUSE identifizieren können. Merkt man, wie unfassbar dumm ich das finde? Ich soll mich mit einer PAUSE identifizieren? Ja nee, ist klar. Bitte Leuten, wenn ihr dies hier lest:
Verteidigt das generische Maskulinum, also die Verwendung des Maskulinums, wenn man von einer Allgemeinheit spricht. Wer behauptet, es sei aber diskriminierten, da es nur Männer umfasst, sollte sich mal damit befassen, dass das generische Maskulinum ein grammatikalisches Phänomen ist, bei der eine Trennung von Genus und Sexus erfolgt. Ich sag ja auch nicht “Das Mond”, weil es ein Objekt ist, sondern “Der Mond”, obwohl er kein Mann ist. Das generische Maskulinum umfasst daher alles, nicht nur Männer. Im Gegensatz zu dem ganzen Alternativkram.
[Nachtrag:] Ich bin drauf angesprochen worden, dass “Der Mond” aber ja gar kein generisches Maskulinum ist. Das stimmt natürlich, war aber auch nicht so gemeint. Ich will damit veranschaulichen, dass auch in anderen Teilen unserer Sprache das Genus eines Wortes nichts über dessen Geschlecht aussagt. Und ebenso verhält es sich nun einmal beim generischen Maskulinum – auch hier ist das Genus zwar männlich, meint aber etwas, dessen Geschlecht (durch diese Formulierung) nicht näher bestimmt wird.
M’era Luna – Mehr Alina
Einige meiner Leser (und ja, ich verwende bewusst das generische Maskulinum; dazu an anderer Stelle mehr) werden vielleicht wissen, dass dieses Jahr am 11. und 12. August das M’era Luna, eines der größten deutschen Gothic-Festivals, statt fand. Dieses Jahr zum ersten Mal nicht ohne meine Freundin und mich.
Ursprünglich hatten wir gedacht, wir würden allein dort sein, lernten aber rund eineinhalb Wochen vor dem Festival ein Mädel kennen, die auch aufs M’era wollte. Ich werde sie, um mein “Namen werden nicht genannt”-Gebot einzuhalten, einfach die Gewandete nennen, da sie einen Großteil der Zeit mit einem mittelalterlichen Umhang bekleidet auf dem Festival verbrachte. Bereits im Vorfeld zum Festival habe ich den Schritt gewagt, ihr von Alina zu erzählen (naja, eigentlich nur davon, dass ich Transvestit bin, den Rest erfuhr sie nach und nach). Sie ist damit die erste Person, die ich als Mann kennen gelernt habe, aber die von Alina erfuhr, bevor wir wirklich Freunde wurden. Etwas mulmig war mir bei dem Gedanken, mich ihr zu öffnen, aber diese Bedenken waren glücklicherweise völlig unbegründet. Mittlerweile weiß ich von ihr, dass sie sogar weitere Crossdresser kennt.
Weiterhin sollte ich erwähnen, dass ich zwar mit den Gedanken gespielt hatte, auf dem Festival ausschließlich Alina zu sein, diesen aber eigentlich selbst nicht ernst genommen hatte, und erwartete höchstens ein paar Stunden Frau zu sein.
Am 10. August ging es dann los. Die Sachen waren gepackt und verladen, die Einkäufe erledigt, los ging’s auf die A7, die ich nur noch stumpf nach Süden fahren musste. Naja, und dann war da der Stau vor dem Elbtunnel… Der Stau, der meinen Motorkühler killte. Durch die Panne, bei der mir der ADAC aushelfen musste, und die Wartezeit im Stau haben wir dann insgesamt rund 4 Stunden auf unseren Zeitplan verloren. Statt um 16:00 waren wir erst gegen 20:00 auf dem Parkplatz des M’eras. Die Gewandete haben wir schnell gefunden und gemeinsam mit ihr auf eine weitere Gruppe gewartet, der sie sich gerne anschließen wollte.
Als die endlich aufgetaucht waren, suchten wir auf dem Campground nach Platz für uns alle. Während dieser Suche merkte ich, dass ich mit der Gruppe nicht warm wurde, so dass ich nur allzu gern zustimmte, als wir feststellten, dass wir uns trennen mussten, da nirgendwo genug Platz für uns alle gleichzeitig war. So machten meine Freundin, die Gewandete und ich uns also auf und suchten uns einen Platz, der sich im Nachhinein als super Wahl entpuppte, da unsere Nachbarn einen klasse Musik- und Met-Geschmack hatten. Erstmal bauten wir aber unsere Zelte auf und machten uns etwas zu essen, da wir für die Lesungen eh schon zu spät dran waren.
Für mich war der Tag dann auch schon vorbei. Ich kroch ins Zelt zum schlafen, während mein Schatz mit der Gewandeten das Gelände erkundete und schaute, wo “unsere” Gruppe ab geblieben war.
Am nächsten Tag nach dem Frühstück war dann für mich der Moment gekommen, mich umzuziehen. Zum schminken kam ich, mit einem mulmigen Gefühl im Bauch, aus dem Zelt, da das Licht draußen einfach besser war. Kaum war ich draußen, war das Gefühl auch schon vorüber. Statt dessen fühlte es sich, wie schon in Hamburg, völlig normal an, Alina zu sein.
Dann ging es los auf das eigentliche Festivalgelände. An der Schleuse, an der die Festivalbändchen kontrolliert wurden, wurde ich dann wieder etwas nervös: Die Besucher wurden abgetastet und aus Festival- und Konzerterfahrungen wusste ich, dass Männer von Männern und Frauen von Frauen abgetastet werden müssen. Naja, Gesetz ist Gesetz, sowohl biologisch als auch offiziell bin ich ein Mann, auch wenn ich als Alina unterwegs bin, also bin ich zum Mann gegangen, als ich dran war. Der schaute mich ziemlich verdutzt an und sagte erst mal nur “Hallo”. Nicht flirtend, nicht unfreundlich, einfach nur verwirrt. Es dauerte einen Moment, bis er sicher war, dass ich in seinen Zuständigkeitsbereich falle. Komplikationen gab es aber keine. Meine Freundin erzählte mir anschließend, dass hinter mir wohl eine Frau zum Kontrolleur ging, sie war wohl “nur dem Rock gefolgt” und hatte nicht realisiert, dass ich, rein biologisch gesehen, ein Mann bin. Sieg auf ganzer Linie 🙂
Während der Konzerte, die wir uns jetzt ansahen, wurde ich einige Male begutachtet, ich vermute, dass mich der eine oder andere durchschaut hat, gesagt wurde aber nichts. Vielleicht haben die mich auch tatsächlich nur beim Tanzen beobachtet, den das habe ich mich nach und nach auch endlich getraut.
Nach Omnia, Qntal und Leaves Eyes (die ich vor ein paar Jahren in Wacken besser fand, als dieses Mal, was nicht heißt, dass sie schlecht waren), gingen wir erst mal zu unseren Zelten zurück, um Mittag zu essen, und ich, eitel wie als Alina manchmal bin, hab mich nochmal nach-geschminkt. Anschließend ging es wieder aufs Festivalgelände, diesmal ohne Abtasten.
Nachdem wir drei von Blutengel recht enttäuscht waren, schlugen Apocalyptica ein wie eine Bombe. Trotzdem: Das Highlight kam erst direkt im Anschluss, nämlich ASP, unterstützt von Lutz, dem Gitarristen von Lahannya und Umbra et Imago. Ein so gutes Konzert hab ich lange nicht erlebt. Within Temptation haben wir uns dann nicht mehr angetan, obwohl die Band sicher auch klasse gewesen wäre. Wir konnten einfach nicht mehr. Nach einer weiteren Mahlzeit und einem gemütlichem Plausch gingen mein Schatz und ich zu Bett, während die Gewandete noch einmal ihre Gruppe besuchte.
Am nächsten Morgen stand ich als Mann auf, um meine Morgentoilette zu verrichten und auf dem Rückweg Frühstück mit zu bringen. Nach dem Frühstück zog ich mich dann wieder um, während es zu regnen anfing. Die Gewandete hatte sich, nachdem sie während unseres Frühstücks vom Duschen wieder gekommen war, noch mal hingelegt. Etwa eine halbe Stunde, nachdem ich mich fertig zurecht gemacht hatte, hörte ich, dass sie wieder wach und am Rotieren war, als ich aus dem Zelt sah, bemerkte ich, dass es in ihr Zelt rein geregnet hatte. Nach dem sie ihre Sachen gerettet hatte, kam sie zu meiner Freundin und mir ins Zelt. Wir unterhielten uns einige Zeit, bis wir entschieden, dass wir trotz dem Wetter mal über den Mittelaltermarkt schauen wollten.
Der Markt war ganz nett, wenn auch nichts besonderes. Am interessantesten waren die Fressbuden. Besonders die Spätzle wurden mir empfohlen, auch wenn ich mir vorerst keine kaufte. Als Coppelius anfingen zu spielen entschieden wir schließlich, wieder aufs Festivalgelände zu gehen.
Nach Coppelius, von deren Konzert wir noch rund die Hälfte sahen, wurde der Regen weniger. Wie der Frontsänger der anschließenden Band feststellte: “Das ist das Mono Inc. – Phänomen: Immer wenn wir anfangen zu spielen hört der Regen auf!” Mono Inc. kann ich live übrigens wärmstens empfehlen, besonders die Schlagzeugerin imponiert mir jedes Mal wieder, wenn sie neben dem Spielen ihres Instruments noch zum Background-Gesang ansetzt.
Nach Mono Inc. sahen wir uns die Stände auf dem Festivalgelände an. Vor Allem wurden natürlich CDs, Kleidung und Schmuck angeboten. Interessant war es aber alle Male. Irgendwann ging meine Freundin schon einmal voraus zu unseren Zelten, da sie ihre Beine müde wurden. Begleiten sollte ich sie aber nicht, so dass ich mit der Gewandeten noch etwas auf dem Festivalgelände bummelte und anschließend auf dem Mittelaltermarkt Spätzle kaufte, da ich zu faul zum Essen machen war. Bewaffnet mit diesen gingen nun auch wir zu unserem Lager zurück, in dem wir wieder etwas Zeit verbrachten.
Die nächste Band auf meinem Wunschzettel war Tiamat, zu denen mich dann die Gewandete begleitete, während meine Freundin im Zelt blieb um sich noch etwas zu erholen.
Tiamat war die erste und einzige Band, die ich mir dieses Jahr im Hanger angesehen hab. Wir waren überpünktlich da, um in den Hangar rein zu kommen, was gar nicht nötig gewesen wäre. So war es uns aber ein leichtes, in die fünfte Reihe zu kommen. Nach einer schier endlosen Umbauphase kamen Tiamat dann endlich und völlig unspektakulär auf die Bühne. Sie kamen einfach, nahmen ihre Instrumente und spielten los. Genauso stumpf wirkten die Songansagen: “This is a song about love: Vote for Love.” Dafür war die Musik genial.
Anschließend trafen wir uns auf dem Festivalgelände mit meiner Liebsten, die mir per SMS geschrieben hatte, wo sie wartet. Gemeinsam entschieden wir dann, erst mal was zu essen, um dann zu Hurts zurück aufs Gelände zu kommen. Den Plan änderten wir dann aber. Die Gewandete hatte schon länger entschieden, dass sie nicht noch eine Nacht in dem Zelt verbringen wollte und wir entschlossen uns, dass wir sie nach Hause bringen würden. Und wenn wir schon das Auto bewegen würden, könnten wir eigentlich aus gleich mit weg. Ursprünglich wollten wir nach dem Essen nur das Auto beladen, dann zu Hurts und anschließend noch auf dem Mittelaltermarkt eine Feuershow ansehen, aber Hurts klangen schon vom weiten viel zu poppig, als dass wir uns das antun wollten und meine Freundin bekam dann auch noch Bauchschmerzen, deshalb brachen wir kurz nach 10 vom Festivalgelände auf.
Da die Gewandete kein Auto hat und im Stadtteil des Festivals selten ist, fiel es ihr schwer, mir den richtigen Weg zu weisen, nach dem wir aber an einem Joey’s eine Mitarbeiterin nach dem Weg gefragt haben, kamen wir schnell zu ihrem Wohnheim. Unterwegs hatte ich mir den Weg zur Autobahn schon eingeprägt, so dass wir von dort dann entspannt und ohne Komplikationen unseren Weg nach Hause fanden.
Um 3 Uhr morgens fiel ich dann tot ins Bett, so erschöpft von diesem genialen Wochenende, an dem es sich für mich einfach richtig angefühlt hatte, Alina zu sein, dass ich glatt vergaß, dass ich noch eine Spange im Haar hatte, die ich erst am nächsten Tag entdeckte.
Ein paar Gedanken
Gestern ist ein Paket angekommen. Meine bessere Hälfte hatte mich vor ein paar Tage darauf hin gewiesen, dass ich zu wenig alltagstaugliche Kleidungsstücke als Alina besitze und Recht hatte sie damit – zumindest bis gestern, denn genau das war in dem Paket. Was mir noch fehlt sind noch ein paar schlichtere Röcke und Hosen (letzteres besitze ich als Alina noch gar nicht), aber zumindest ein paar nicht nur ausgehtaugliche Outfits bekomme ich auch jetzt schon zusammen. Generell war gestern ein sehr Alina-lastiger Tag. Ich schätze die Zeit, die ich als Alina verbracht habe, auf rund 6 Stunden, was eigentlich ziemlich viel ist. Trotzdem merke ich heute schon wieder, dass ich mich am liebsten sofort umziehen würde, nur war ich bis eben arbeiten und hab in einer Stunde einen Zahnarzt-Termin, daher lohnt der Aufwand gerade nicht. Sagt jedenfalls die Stimme, die behauptet, die Stimme der Vernunft zu sein 😉 Wahrscheinlich werde ich heute Abend aber wieder Alina sein. Morgen wohl auch, wenn ich meine gute Freundin, die mich nach Hamburg begleitete, besuche. Eigentlich wollte ich sie am liebsten heute besuchen, aber sie ist gerade erst aus ihrem Urlaub zurück (seit heute morgen um 2:00, soweit ich weiß) und braucht erst mal einen Tag zum Ankommen. Kann ich gut verstehen, auch wenn ich das Treffen eigentlich kaum erwarten kann. Dabei kann ich nicht mal sagen, warum mir das Treffen so wichtig ist. Eigentlich steht alles, was mich bewegt hat, hier im Blog und den hat sie gelesen. Naja, ich werd’s morgen dann sehen, mal schauen, was ich dann selbst erst bemerke, was mir auf der Seele liegt.
Trans-Was?
In letzter Zeit stellt sich mir sehr oft eine Frage, auf die ich keine Antwort finde: Wer bin ich eigentlich? Hab ich bisher geglaubt, mit meinem männlichen Körper weitestgehend im Einklang zu sein, eben nur eine weibliche Seite zu besitzen, so bin ich nicht mehr sicher, ob nicht das Männliche in mir nur eine Seite ist, ob nicht mein weiblicher Teil größer ist als der männliche. Kurz: Ich weiß nicht mehr mit Sicherheit, ob ich nun Transvestit oder Transsexuell bin. Seit meinem Hamburg-Ausflug ist das Bedürfnis Alina zu sein weiter stärker als zuvor, mein Gedanken kreisen fast nur noch ums Frau-Sein. Spätestens wenn ich mein Studium beginne werde ich mich daher wohl professionelle Hilfe suchen. Vielleicht auch schon demnächst, um die Monate bis zum Studium zu überbrücken.
Update 2: Erstes Mal als Alina aus
Mittlerweile weiß ich wieder, was die zweite Sache war, die etwas schade war: Zwar hatte meine gute Freundin eine Digicam dabei, die aber im Auto vergessen, so dass an dem Abend kein einziges Bild entstanden ist. Aber der Abend war auch so für mich unvergesslich.